Bauernhof Platzer
Lage | Rhan, Landkreis Cham (BY) |
Betrieb | Milchviehbetrieb, Rindermast und Ölmühle |
Erneuerbare Energien | Pflanzenölkraftstoff, Hackschnitzel und PV |
Landwirtschaftliche genutzte Fläche | 130 Hektar |
„Wenn die Energiesteuer für selbst hergestellten Pflanzenkraftsoff wegfallen würde, dann wäre das Pflanzenöl konkurrenzfähig zum Diesel. Kein normaler Mensch versteht, warum man für Rapsöl, das man selbst herstellt und in seinen Traktoren verfährt, 0,4704 €/Liter Steuer zahlen muss.
Es wäre das gleiche, wenn man für den Strom von seiner PV-Anlage, den man zum Tanken für sein E-Auto verwendet, Steuern zahlen müsste.“
Familie Platzer
Treibstoffautarkie des Bauernhofs der Familie Platzer
Tierwohl und Nachhaltigkeit auch ohne Zertifikat
Der Milchviehbetrieb umfasst insgesamt rund 450 Rinder. Zwar wird der Hof konventionell geführt, aber das schließt für Platzers ein hohes Augenmerk auf Tierwohl nicht aus: Alle Kälber werden am Hof geboren und groß gezogen, egal ob männlich oder weiblich. Viel frische Luft, Freilauf und die Aufzucht auf Stroh bis zu einem halben Jahr sind für die Platzers das Fundament für ein stressfreies Aufwachsen der Rinder. Beim Ackerbau wird eine fünfgliedrige Fruchtfolge eingehalten und auf die Fruchtbarkeit des Bodens hohen Wert gelegt.
Ganz unabhängig von Zertifikaten sind für die Platzers Verantwortungsbewusstsein und eine nachhaltige Betriebsführung tragende Werte.
Rapsöl im Tank - vom Acker für den Acker
Derzeit werden zwei Traktoren mit Zwei-Tank-System am Hof betrieben: Diesel wird nur zum Start verwendet, ab Erreichen der Betriebstemperatur wird automatisch auf Rapsöl umgeschaltet. Seit September 2023 läuft zudem ein Prototyp von John Deere am Hof: das TFZ Straubing forscht aktuell am ResiTrac, einem Ein-Tank-Traktor, der ausschließlich – selbst beim Start – mit Rapsöl laufen soll, ohne etwaige Einbußen in puncto Leistung, Zuverlässigkeit oder Abgasemissionen aufzuweisen.
Der Raps für den Kraftstoffbedarf dieser drei Maschinen wächst auf den eigenen Feldern direkt hinter dem Hof. Zusätzlich kaufen sie die Saat aus maximal 10 Kilometern Entfernung, um dem Anspruch an die Regionalität gerecht zu werden. Pro Hektar lassen sich bis zu 1.700 Liter der Dieselalternative herstellen, nebenbei entsteht bei der Kaltpressung in der hofeigenen Mühle Presskuchen, ein proteinreiches Futter für die Tiere auf dem Hof. Dieser geschlossene Kreislauf nutzt die Ressourcen optimal. Zudem bleibt die Wertschöpfung in der Region, was lokale Arbeitsplätze sichert und die Wirtschaft stärkt.
Am liebsten würde Andreas Platzer sofort auch den Selbstfahrermischwagen, der täglich 2 Stunden in Betrieb ist, auf Rapsöl umstellen. Unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen ist das jedoch unwirtschaftlich: die Platzers müssten – auch für selbsterzeugten Pflanzenölkraftstoff – je Liter 0,4704 € als Energiesteuer an das Hauptzollamt abführen. Schweren Herzen tanken sie hier also den derzeit wirtschaftlicheren fossilen Diesel.
Doch nicht nur für die Traktoren dient das Rapsöl als Kraftstoff: als hochwertiges Futteröl an Mahl- und Mischanlagen kommt es auf den Speiseplan der Rinder des eigenen Hofs, der Rest wird verkauft.
Frische Luft, Freilauf und Kontakt zu Stroh und anderen Kälbern: konventionelle Haltung schließt Tierwohl nicht aus.
Haferkorn-Prinzip 2.0: Früher wurden ca. 30 % der Ackerfläche für das Futter der Zugtiere benötigt.
Heute reichen deutschlandweit 10 %, um den Fuhrpark der Landwirtschaft mit Energie versorgen.
Mit zwei 2-Tank-Traktoren bearbeiten die Platzers ihre Flächen, das Rapsöl stammt vom eigenen Acker. Bis Dezember 2024 testen sie einen ResiTrac auf Tauglichkeit und Zuverlässigkeit.
(Fast) so einfach wie das Ein-Mal-Eins
Für die Bewirtschaftung der eigenen rund 130 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche brauchen die Platzers jährlich etwa 25.000 l Kraftstoff, Diesel und Rapsöl zusammengerechnet. Bei einem Endertrag von 1.700 Liter Rapsöl pro Hektar würden demnach 14,8 Hektar (rund 9 % der gesamten Fläche) reichen, um den betrieblichen Kraftstoffbedarf zu defossilisieren.
Unter Berücksichtigung der klimabedingten Schwankungen des Flächenertrags und des Ölgehalts empfiehlt sich ein Aufstocken auf 15 % der Fläche, also knapp 20 Hektar. Bei einer nachhaltigen, ausgewogenen Fruchtfolge, die eine Rapsanbaupause von fünf Jahren einschließt, könnte demnach mindestens der eigene Hof komplett autark angetrieben werden. Theoretisch.
Der Haken und die Lösung(en)
Trotz der zahlreichen Vorteile steht die Familie Platzer vor erheblichen Herausforderungen, insbesondere durch den hohen bürokratischen Aufwand. Die Herstellung und Nutzung von regional produziertem Rapsölkraftstoff erfordert umfangreiche Genehmigungen und Zertifizierungen, die oft langwierig und kostenintensiv sind. Es gibt strenge Vorschriften hinsichtlich der Emissionswerte und der technischen Standards, die erfüllt werden müssen. Gerade kleinere Betriebe, wie der der Familie Platzer, stoßen hier an ihre Grenzen. Ihnen fehlen häufig die Ressourcen und der Zugang zum aktuellen Stand der komplexen gesetzlichen Anforderungen, um diese auch zu erfüllen. Zusätzlich sind Förderprogramme und Subventionen oft schwer zugänglich, zudem genauso wie die Beteiligung am THG-Quotenhandel mit enormem administrativem Aufwand verbunden.
Eine Entbürokratisierung wird seit geraumer Zeit von vielen Betrieben und landwirtschaftlichen Verbänden gefordert, konnte faktisch bislang allerdings nicht verzeichnet werden.
Auch Familie Platzer appelliert an die Politik, dass die Energiesteuer von 0,4704 €/Liter selbsterzeugten Pflanzenkraftstoff aufgehoben wird, um kleineren Betrieben den Einstieg in nachhaltige Praktiken zu erleichtern und sie wirtschaftlich zu entlasten
Ein Vorbild für die Energiewende
Allen Widrigkeiten zum Trotz ist Familie Platzer stolz auf ihre Betriebsweise und überzeugt, dass dieser Weg grundsätzlich der richtige ist. Ihr Konzept zeigt eindrucksvoll, wie regionale und nachhaltige Lösungen zur Energiewende beitragen können. Durch die Nutzung von Rapsöl als Kraftstoff wird nicht nur die Umwelt geschont, sondern auch die lokale Landwirtschaft gestärkt.
Familie Platzer steht mit ihrem Engagement für eine nachhaltige Landwirtschaft und die Nutzung heimischer Ressourcen als Vorbild für eine umweltfreundliche und zukunftsorientierte Agrarwirtschaft. Ihre Erfahrungen und Erfolge unterstreichen gleichzeitig die Notwendigkeit, regionale und nachhaltige Ansätze in der Politik und Gesellschaft stärker zu unterstützen und zu fördern.
Mehr Infos
"ResiTrac - Resilient Food Production with Green Tractors" (TFZ Straubing)
"Auf einem Hof in Rhan scheint die Lösung aller Kraftstoffprobleme nah" (IDOWA)
Bildnachweise: Familie Platzer und BDOel e.V.